Seit November letzten Jahres ist beim Europäischen Gerichtshof ein Verfahren zu einer nationalen Regelung anhängig, die die Verpflichtung zu einem Mindestabstand zwischen Glücksspieleinrichtungen und Spielstellen sowie sensiblen Orten vorsieht.

Das Tribunal Superior de Justicia der Autonomen Gemeinschaft Valencia hat dem Europäischen Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 23. September 2023 zahlreiche Vorfragen vorgelegt, deren Antworten für alle italienischen und nichtitalienischen Verwaltungsverfahren auf diesem Gebiet von großer Bedeutung sein könnten sogenannten Distanzmesser‘.

Das spanische vorlegende Gericht bezweifelt die EU-Rechtskonformität der für private Spielstätten geltenden Abstandsregeln trotz der zahlreichen Zugangsbeschränkungen. Konkret geht es unter anderem um die Regelung der Entfernung zwischen privaten Spielhallen (500 Meter) und der Entfernung privater Spielhallen von Schulen (850 Meter).

Das spanische Gericht bezweifelt insbesondere die Konsistenz dieser Regelungen, da die Abstandsvorgaben nur für private Einrichtungen und nicht für staatliche Glücksspielangebote gelten. In Spanien ist das Glücksspielangebot zwischen von Privatpersonen verwalteten Spielen (im Fall von Spielhallen) und (staatlichen) Lotterien aufgeteilt. Darüber hinaus seien nach Ansicht des vorlegenden Gerichts bereits durch umfassende Kontrollen und Zugangsbeschränkungen ausreichende Schutzmaßnahmen gewährleistet, so dass keine weiteren Abstandsvorgaben erforderlich seien.

In der Begründung seiner Vorlage vor dem Europäischen Gerichtshof geht das spanische Gericht davon aus, dass diese einseitigen Beschränkungen privater Spieleanbieter zu einer unzumutbaren Wettbewerbsverzerrung und der Entwicklung eines staatlichen Glücksspielmonopols führen.

Nach Ansicht des spanischen Gerichts könnten insbesondere die Artikel 26, 49 und 56 AEUV verletzt werden. Die im Vorabentscheidungsersuchen genannten zentralen Ausdrücke sind:

"Vereinbarkeit der nationalen Gesetzgebung mit den Artikeln. 26, 49 und 56 AEUV – Angemessenheit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit – Vorliegen weniger restriktiver Maßnahmen – Gleichbehandlung – Wettbewerbsverzerrung“.

Nach italienischem Vorbild wurde kürzlich auch in Deutschland eine ähnliche Regelung eingeführt. Die Betreiber privater Glücksspieleinrichtungen wie Spielhallen und Wettbüros warten schon seit Längerem auf eine ähnliche Anfrage an den Europäischen Gerichtshof wie die spanische. Leider haben die deutschen Verwaltungsgerichte bisher jeden Antrag auf Anrufung des Europäischen Gerichtshofs abgelehnt, um einer Haltung zu entsprechen, die wir als politischen Schutz bezeichnen könnten. Dieselbe Haltung finden wir auch beim nationalen Richter, der es über ein Jahrzehnt nach der Einführung der ersten Entfernungsmesser (seit 2011) nie für notwendig gehalten hat, die Legitimität der Maßnahme nachzuweisen.  

Sollte der Europäische Gerichtshof nun die einseitigen spanischen Abstandsvorgaben für private Glücksspielangebote kippen, würde damit wohl auch vielen Abstandsvorgaben in deutschen Landesglücksspielgesetzen endgültig die Grundlage entfallen.

Aufgrund der Fragen, mit denen sich der Europäische Gerichtshof nun befasst und deren Beantwortung auch für Verfahren in Deutschland von entscheidender Bedeutung sein wird, können nun ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit zahlreicher Verwaltungsakte aufkommen, in denen staatliche Abstandsgebote zur Grundlage für Schließungen werden und Schließungen, Verbote wurden und werden gegen Spielhallen und andere private Glücksspieleinrichtungen (z. B. Wettbüros) ausgesprochen.

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